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Laufen im Oberen Weiltal, der zweite Teil von Martin Hanika

Das obere Weiltal ist die Region, in der die Weil noch ein wenig träumen darf.
Das tut sie dort auch, in diesem schönsten Wiesengrunde.
Schon kurz hinter dem Ortsrand von Schmitten wird sie auf beiden Seiten gesäumt von Weiden und Obstbäumen und auch von einem kleinen Fahrrad- und Gehweg. Für Landschaftsläufer ist das eigentlich auch so ein bisschen zum Träumen. Allerdings bietet dieser Abschnitt für die Teilnehmer des Weiltal- Marathons jedes Mal die Möglichkeit- und halt auch die Notwendigkeit-, den eigenen Laufrhythmus zu finden. Nicht zu schnell zu beginnen, zahlt sich zum Ende hin aus. Wer langsam läuft, läuft weit, sagt der Volksmund.
Und es sind ja von hier weg noch viele Kilometer- über vierzig- bis nach Weilburg zur Hainallee, ins Ziel des Laufs. Dahin, wo die Weil in die Lahn mündet.
Das Vieh auf den Weiden wird dafür nicht viel übrighaben, aber es hat Zugang zum Wasser der Weil, es ist nicht auf Tränken und Tröge von Menschen angewiesen.
Es überrascht vielleicht, dass schon hier das eigentlich noch schmale Bachbett in längeren Abschnitten an den Rändern sehr natürlich befestigt ist- mit aufrecht gestellten Feld- und Natursteinen aus der unmittelbaren Umgebung. Vermutlich hat das häufige Mäandrieren des Wassers die Bauern dazu bewogen, ihre Weiden besser abzusichern. Auch die weiteren Randbereiche zur Wiesenfläche sind gelegentlich mit noch größeren Wackersteinen befestigt- es wird sich jemand etwas gedacht haben dabei, es hat ja sicher einige Mühen bereitet, und es fügt sich angenehm.
Bei Hunoldstal folgt man eher überrascht der Abbiegung in Richtung Mauloff, man verlässt jetzt für „eine Weile die Weil“, es geht bergauf, anstrengend bergauf. Wer bis hierher zu schnell war, spürt das nun. Die Luft wird dünner. Es wird im Läufer- innen- feld weniger gesprochen, die Sätze werden kürzer. Langlaufen ist eine ehrliche Angelegenheit. Und bei der Ortsbezeichnung Mauloff fällt mir aus dem alten Volksschulunterricht die immer wieder schöne Entstehungsgeschichte des Dorfnamens ein. Der Bürgermeister fragte also seinen Vorstand nach einem Namensvorschlag mit den dann folgenden Worten, die vereinbarungsgemäß zum Namen wurden. Ob es wirklich so war?
Beim Aufstieg jetzt im Wald wird der starke Gegensatz deutlich: auf der rechten Seite des Weges eine ganze Abteilung abgestorbener Fichten und ein trauriger Anblick, links ein kräftig grüner Laubmischwald, wie immer, wenn Frühling ist.
Wahrscheinlich ist es doch besser, in unseren Breiten weniger auf Fichten zu setzen, und wahrscheinlich waren auch die Pflanzregeln 2 x 0,5 nicht so richtig angemessen. Und, mal ehrlich, rein gefühlsmäßig bin ich eigentlich schon immer lieber im Laubwald unterwegs gewesen. Es gibt doch auch nichts Schöneres als einen altersgemischten Buchenwald. Ja, ich finde, vor allem die Buche- und nebenbei: die schönste Eiche an der Weil kann man etwas später, nur wenige hundert Meter hinter der Audenschmiede finden. Dort, wo der Weg in leichtem Linksbogen in den Wald führt.
Wir sollten mal die Spezialisten im Naturpark Taunus fragen, wieviel Sauerstoff jeden Tag durch Photosynthese im Wald entsteht, beziehungsweise, wieviel Co2 täglich in den Bäumen des Naturparks dabei gebunden wird. Um wieviel also der „Co2- Fußabdruck“ der Menschen in unserem Bereich dadurch kleiner wird. Respekt vor dieser gewaltigen und doch so ganz natürlichen, alltäglichen Selbstverständlichkeit.
Jetzt ist auch ein vielstimmiges Vogelkonzert im Wald zu hören. Amsel und Drossel sowieso, doch auch der Kuckuck ist schon da. Er ist somit in diesem Jahr ebenfalls etwas früher losgeflogen als in den Jahren zuvor. Als Langstreckenflieger hat er irgendwie wohl doch in Erfahrung gebracht, dass die Kurzflieger früher zurück sind und mit der Brut beginnen. Für das Kuckucksgeschäft und seine Zukunft wäre das sonst ja auch schlecht.
Landschaftlich reizvoll ist in dieser Jahreszeit auch die Weilschleife um Neuweilnau, der Blick auf das Schloss, die vielen blühenden Obstbäume in den Gärten am Hang und die Amphibienschutzanlage.
Auf der anderen Seite der kleinen Holzbrücke liegt jetzt die Erbismühle, nach Unter- , Landsteiner und Mappesmühle die nächste in einer langen Reihe von
Bauten eines alten, mittlerweile untergegangenen Handwerks an den Bächen und Flüssen unserer Region- mit dem Müller, der das Korn mahlte für das tägliche Brot. Das Weiltal ist auch ein altes Mühlental.
Und heute sind darin Gastronomie, Hotelbetrieb, Landwirtschaften und Pferdepensionen zu finden.
In Emmershausen kommen beim Weiltallaufen seit geraumer Zeit die Läufer des „Halben“ hinzu. Die müssen jetzt auf dem Weg zur Runkelsteiner Mühle erst noch ihr Tempo finden. Für die Läufer des „Ganzen“ beginnt hier langsam das Eigentliche, das Kernstück des Marathonlaufens. Die Auseinandersetzung mit sich selbst und der Frage, was das Ganze eigentlich soll. Und auch ganz profan, herbeisehnen der nächsten Kilometerangabe, der Getränke sowie Bananenstücke. Und dabei hoffen, dass Muskulatur und Geist stabil bleiben bis zum Ende.
Oft hilft dabei der Blick auf die Landschaft, die Natur, das schöne Tal.
Laufen ist halt auch mal anstrengend, aber auch anregend und bereichernd.
Laufen ist wie das richtige Leben. Gehen auch. 
Der Ladevorgang dauert länger als üblich!Seite neu laden